Schlechtes Gewissen und Mitleid in der Partnerschaft

Schlechtes Gewissen und Mitleid in der Partnerschaft

Oft bekommen wir in der Ehetherapie mit, dass einer der beiden Partner eigentlich aus der Ehe ausbrechen möchte, aber es seinem Partner “nicht antun” will. Also bleibt er in der Partnerschaft, fühlt sich nicht wohl und leidet. Grund  des Leidens ist dann ein schlechtes Gewissen oder auch Mitleid mit dem anderen. Unsere Meinung zu einer stabilen Partnerschaft ist die, dass es beiden Partnern dann gut geht, wenn jeder in seinen Bedürfnissen einigermaßen gut erfüllt ist, sich für sich selbst sorgen kann und vom anderen das bekommt, was er über das hinaus braucht, was er selbst nicht leisten kann. Dann haben wir es mit zwei zufriedenen Menschen zu tun, die zusammen ihre Zufriedenheit sogar noch steigern können.

Egoismus ist leider ein sehr verpöntes Wort

Demgegenüber steht dann das “aushalten”, das “mitleiden” und eben, das schlechte Gewissen. Manchmal, weil wir so erzogen wurden und meinen, dass unsere Umwelt das von uns erwartet. Dabei ist die Zeit, wo wir die Erwartungen anderer Menschen (meistens unserer Familie) erfüllen mussten, längst vorbei. Sie gehört in unsere Kindheit. Heute dagegen sind wir erwachsen und können dem anderen – unserem Partner – zumuten, mit seinen Problemen und Herausforderungen auch alleine zurecht zu kommen. Also, dass er auch für sich selbst sorgen kann. Ohne schlechtes Gewissen. Denn, so meine Hypothese, jeder Mensch kann sich ändern und verändern, wenn er das nur will. Ok, es gibt da ein paar Einschränkungen. Die sind aber nicht so zahlreich.

Menschen sind auf der Welt, damit es ihnen gut geht

Und im Umkehrschluss: Menschen sind nicht auf der Welt, um zu leiden. Oder mit dem Partner mitzuleiden. Vor allem dann nicht, wenn sich der Partner vehement gegen die Veränderungen des Lebens wehrt. Es gibt immer nur den Moment. Und wenn wer Partner im Moment sich nicht verändern will, eine Veränderung der Paarsituation diese Veränderung aber erfordert, dann muss ich anfangen, selbst für mich zu sorgen. Egoistischer werden. Mehr auf meine Bedürfnisse zu achten und manchmal auch das “schlechte Gewissen” einfach beiseite zu räumen und einen mutigen Schritt nach vorne zu machen. Und manchmal ist unser sogenanntes “schlechtes Gewissen” nichts anderes, als die Wertvorstellungen unserer Eltern, die wir uns irgendwann zu eigen gemacht haben, um nicht permanent gegen die Werte und Normen unserer Familie zu verstoßen. In diesem Fall ist es nicht unser “schlechtes Gewissen”, sondern etwas, was uns anerzogen wurde.

Und manchmal ist es gut, wenn man sich mit Veränderungen beschäftigt, sich diesen Unterschied immer wieder bewusst zu machen. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

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